Seit der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 und der Vereidigung des Bundeskabinetts unter Bundeskanzler Friedrich Merz am 6. Mai 2025 stehen CDU/CSU und SPD unter permanenten medialen Beschuss. Medien und Journalisten spielen eine entscheidende Rolle in der politischen Debatte. Sie vermitteln nicht nur Fakten und informieren über Sachverhalte, sondern sie formen die öffentliche Wahrnehmung und beeinflussen die Dynamik innerhalb der Regierungskoalition. Besonders auffällig ist der Versuch vieler Medienhäuser, einen Keil zwischen SPD und CDU/CSU zu treiben, indem sie interne Differenzen und externe Debatten übertrieben darstellen. Kommentatoren und Headline-Texter wuchern nur so mit Alarm-Substantiven: „Krise, Krach, Zoff, Streit, Spannungen, Querelen, Zank und Zwist“. Wo alles Streit ist, wird keine Ambiguität mehr ausgehalten. Der Bundeskanzler brachte es jüngst auf dem Parteitag der NRW CDU auf die griffige Formel, dass „nicht jede Meinungsverschiedenheit sofort ein Streit“ sei.
Medien agieren als Agenda-Setter und amplifizieren Konflikte. In der Berichterstattung über die Schwarz-Rote Koalition werden Spannungen z.B. in Bereichen wie Haushaltspolitik, Migration, Wirtschafts- und Sozialpolitik hervorgehoben. Nach etwas über 100 Tagen Regierungszeit hagelt es bereits schrillste Kritik von der Opposition, doch auch innerhalb der Koalition wird von „Luft nach oben“ gesprochen. Zurecht, denn kommunikativ wie politisch lief nicht alles rund seit dem 6. Mai. Doch sensationsgetriebene Berichte, etwa zu Steuerfragen oder Sozialausgaben, wo SPD-sozialdemokratische und CDU/CSU-wirtschaftsliberale Positionen kollidieren, polarisieren die Debatte. Soziale Medien und Online-Meinungsportale verstärken dies, da kontroverse Inhalte viral gehen. Journalisten, unter wirtschaftlichen Druck ihrer Häuser durch Klickzahlen, priorisieren Streit über Kompromisse, was das Image der Koalition als zerstritten zementiert. Und die Unzufriedenheit seit Ampelzeiten in der Bevölkerung betoniert.
Das untergräbt das Vertrauen in die Regierung und erschwert die Kompromissfindung. Historisch, wie in Zeiten früherer Großer Koalitionen, haben Medien zwar ähnlich polarisiert, doch in Zeiten digitaler Medien ist der Effekt intensiver. Mehr noch erkennt man bei dem ein oder anderen Medienhaus eine Lust zum Runterschreiben der Bundesregierung und zum Hochschreiben jeglicher Debatte. Zur Wahrheit gehört, ja, auch so mancher Chefredakteur oder Herausgeber verspürt den inneren Wunsch, diese Koalition in die Brüche zu schreiben. Die Verantwortung der Journalisten, ausgewogen zu berichten, gerät oft in den Hintergrund. Es gehört auch zum AfD-Playbook einen Keil zwischen die Koalition zu treiben.
Doch Jammern hilft nicht. Moderne Regierungskommunikation muss das pressemediale Umfeld und die neue Realität von meinungsbildenden und meinungsmachenden Social Media Netzwerken verstehen.
1. Einheitliche Kommunikation: SPD und CDU/CSU sollten eine klare, gemeinsame Botschaft entwickeln. Regelmäßige, und damit ist tägliche Abstimmung in der Öffentlichkeitsarbeit auf allen Ebenen gemeint, wird Missverständnisse minimieren. Um dadurch Konflikt-Narrative zu entkräften.
2. Proaktive Transparenz: Politiker der Regierungsparteien sollten Erfolge und Misserfolge aktiv kommunizieren, etwa über eigene Kanäle wie Twitter, um die Medienagenda mitzugestalten. Und das Zauberwort hierbei ist Schnelligkeit. Denn wer sein Handeln oder Nicht-Handeln nicht öffentlich interpretiert, der wird von anderen interpretiert. Und das nie im besten Sinne.
3. Fokus auf Sachpolitik: Statt auf persönliche Angriffe zu setzen oder parteiinterne Streitigkeiten zu externalisieren, sollten Politiker der drei Regierungsparteien die Debatte auf inhaltliche Lösungen lenken, um Medien von Konfliktberichten wegzuführen. Debattenbeiträge sollten versöhnlich gestaltet und immer eine Möglichkeit zum Kompromiss aufzeigen. CDU, CSU und SPD arbeiten nicht gegeneinander, sondern auf Zeit miteinander.
Medien und Journalisten sind essenziell für die Demokratie, doch ihr momentaner Keiltreiberei-Effekt erfordert von Politikern Wachsamkeit, um die schwarzrote Koalition zu stabilisieren. Das bedeutet aber nicht, dass innerhalb der Koalition keine Debatten mehr geführt werden sollen, das jeder Konflikt zu vermeiden sei. Das Gegenteil ist richtig, denn gesellschaftlicher Kompromiss kann nur durch Konsens in der Koalition herbeigeführt werden. Und dafür muss man miteinander sprechen. Aber kommunikativ geschickter als bisher. Es geht bei der Debatteneröffnung darum, von unversöhnlichen Maximalpositionen abzusehen. Damit am Ende der Debatte und der Entscheidung in der Koalition ein Ergebnis steht, hinter das sich alle drei Parteien versammeln können. Zudem beherrscht man dadurch das Management der Erwartungshaltung bei den Menschen. Wer tiefer stapelt wird am Ende höher gewinnen.
Es lässt sich zwar nicht jede ungünstige Berichterstattung vermeiden, nicht alles vorhersehen. Aber vieles lässt sich im Vorfeld abschwächen oder sogar vermeiden. Und der Aufwand dafür ist verschwindend gering. Diese Koalition hat noch alle Chancen erfolgreich zu sein. Gute Regierungskommunikation allein wird dafür nicht reichen, aber ohne sie wird es nicht gelingen, politische Entscheidungen gewinnbringend zu kommunizieren.