Der Mord an Charlie Kirk erschüttert. Ein Mensch wurde getötet, weil er politische Positionen vertreten hat, weil er debattiert hat. Es macht traurig, es macht wütend und es macht nachdenklich. Die Familie trauert um einen Sohn, einen Ehemann, einen Vater, einen Freund, einen Kollegen. Und wir alle müssen begreifen: Wenn politische Meinungen mit Gewalt beantwortet werden, dann steht nicht nur ein Leben auf dem Spiel, sondern das Grundvertrauen in unsere Art zu leben, dass wir Konflikte mit Worten lösen können.
Dieser Mord zeigt, wie wenig das eigentlich doch Selbstverständliche trägt. Er macht deutlich, dass die Temperatur des politischen Klimas zu hoch ist, dass selbst Worte zu oft nur noch als Aufmunitionierung der eigenen Selbstbestätigung dienen. Und er erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass wir Räume haben, in denen gestritten wird – ernsthaft, fair, ohne Angst.
Deshalb müssen wir den politischen Streit zurückholen. Nicht in Form von Schlagworten, nicht als ständige Empörungsperformance für die eigene Bubble, sondern als echte, harte, konstruktive Auseinandersetzung. Wir haben uns daran gewöhnt, in unseren Echokammern zu sprechen. Wir produzieren Inhalte, die die eigene Blase bestätigen, die eigenen Leute mobilisieren – und die anderen sollen eben sehen, wo sie bleiben. Das mag kurzfristig Likes bringen, aber es zerstört den öffentlichen politischen Raum.
Nehmen wir die AfD. Sie ist eine radikale Partei, sie flirtet mit autoritären Ideen, ihre Führungsfiguren verbreiten Geschichtsrevisionismus. Man darf das nicht relativieren. Aber wenn Medien und Politik immer nur über ihre Themen sprechen, immer nur Höcke-Zitate hochdrehen und am Ende Empörungswelle um Empörungswelle reiten, dann machen sie die AfD ohne Not zum Hauptdarsteller ihres uns allen aufgezwungenen Drehbuchs. Wer ihr ständig die Bühne gibt, auf der sie sich ihrem Willen nach inszenieren kann, spielt ihr in die Hände. Die richtige Antwort ist jedoch nicht Ignorieren oder Schweigen – sondern eine inhaltliche Konfrontation.
Fragt die AfD nach ihren Konzepten. Fragt sie, wie sie die Rente sichern will, wenn sie gleichzeitig Steuerlasten senken will. Fragt sie, wie sie Industriepolitik machen will, wenn sie die EU zerschlagen will. Fragt sie, wie sie die Sicherheit garantieren will, wenn sie gleichzeitig die Bundeswehr schwächt. Zwingt sie, von der Pose zur Politik zu kommen. Wer sie auf Inhalte festnagelt, zeigt, dass sie keine Lösungen hat.
Dasselbe gilt für die andere Seite des Spektrums. Die Linkspartei und ihr Umfeld müssen sich ehrliche Fragen gefallen lassen: Welches Verhältnis habt ihr zu Eigentum? Was ist eure Vorstellung von Marktwirtschaft? Und vor allem: Habt ihr die eigene Vergangenheit aufgearbeitet? Die SED war kein Betriebsunfall, sondern eine Diktatur, die Menschen verfolgt und erschossen hat. Wer sich heute moralisch überhöht, aber die eigene Geschichte nur als Fußnote behandelt, hat keine Glaubwürdigkeit, wenn es um Demokratie und Freiheit geht.
Und wir in der Mitte? Wir haben eine besondere Verantwortung. Wir dürfen nicht selbst den Diskurs vergiften, indem wir Andersdenkende pauschal diffamieren. Wer Menschen moralisch aussortiert, weil sie unbequeme Fragen stellen oder eine vermeintlich unzulässige Meinung vertreten, treibt sie dorthin, wo sie am lautesten willkommen geheißen werden – an die Ränder. Demokratie ist kein Club für die vermeintlich Richtigmeinenden. Sie lebt davon, dass jeder mitreden darf, solange er die Regeln akzeptiert.
Eine Demokratie lebt vom Streit, nicht von der Selbstbestätigung. Sie lebt davon, dass wir uns zumuten, einander zuzuhören. Dass wir Widersprüche aushalten. Dass wir hart in der Sache sind, aber fair im Ton. Dass wir bei aller Schärfe nicht vergessen, dass der andere ein Mensch ist.
Wir haben nichts außer der Debatte. Der Mord an Charlie Kirk erinnert uns brutal daran, wie kostbar sie ist. Es reicht nicht, nur über Empörung zu sprechen oder sich gegenseitig Schuld zuzuschieben. Wir müssen sie führen – die Gespräche, die Auseinandersetzungen, die harten Fragen. Ohne Häme, ohne Hass, ohne Ausweichen. Denn wo das Reden endet, beginnt die Barbarei.