Der Rentenstreit ist das Protokoll eines politischen Verfalls. Die Junge Gruppe der Union hat in ihrer jüngsten Stellungnahme präzise definiert, was Regierungsfähigkeit bedeutet: Kompromissfähigkeit. Reformfähigkeit. Vertrauen. Sachentscheidungen statt Symbolpolitik. An jedem einzelnen dieser Punkte scheitert die SPD.
Die jungen Abgeordneten der Union haben über Wochen hinweg umfassende Kompromisslinien vorgelegt. Die SPD war nicht einmal bereit zu verhandeln, obwohl es das parlamentarisch normalste auf der Welt ist. Arbeitsministerin Bärbel Bas droht mit Koalitionsbruch, mindestens aber mit Koalitionsstillstand. Erpressung statt Gespräch.
Noch deutlicher wird es beim Thema Reform im Allgemeinen und Speziellen. Wenn die Parteivorsitzende und Bundesministerin zum „gemeinsamen Kampf“ gegen Arbeitgeber aufruft, dann ist das – so die Junge Gruppe – „eine klare Absage an jegliche Reform“ und „ein politischer Skandal für sich, der für die Union nicht akzeptabel sein darf.“
Ein politischer Skandal. Nicht akzeptabel. Das ist die noch höfliche Form einer deutlichen Rücktrittsforderung.
Bas wurde beim Arbeitgebertag ausgelacht, weil ihre Aussagen volkswirtschaftlich absurd waren. Bei den Jusos machte sie daraus ein „Schlüsselerlebnis“ für den Klassenkampf. Wer aber die Finanzierungsbasis der Sozialsysteme zum Feind erklärt, ist fehl am Platz und kann nicht mehr ernstgenommen werden.
Die SPD will heute 120 Milliarden Euro zusätzliche Rentenkosten für die 2030er Jahre beschließen, bevor eine Kommission überhaupt Vorschläge unterbreitet hat. Zum wiederholten Male gibt es verbindliche Finanzzusagen gegen unverbindliche Reformzusagen.
Vertrauen aber entsteht durch Verlässlichkeit. Die Junge Gruppe stellt dazu nüchtern fest: „Das Vertrauen in die Reformbereitschaft der SPD fehlt derzeit beim Thema Rente.“ Dieses fehlende Vertrauen ist keine Provokation, sondern eine Tatsache. Genauso eine Tatsache, wie die Feststellung des Offensichtlichen: Langsamer steigende Renten sind unvermeidbar und zumutbar. „Wer Angst vor diesen Aussagen hat, ist auf Dauer nicht regierungsfähig.“
Genau diese Angst treibt die SPD. Sie denkt nicht in Generationenverträgen, sondern in Parteitagsbeschlüssen. Das ist keine vorübergehende Schwäche.
Eine Partei, die 162 Jahre zählt und sich wie ein aufstampfendes Kleinkind benimmt, das so lange die Luft anhält, bis alle machen, was es will, hat ihre politische Berechtigung verspielt. Bas verkörpert diesen Zustand in Reinform.
Aber Bas ist nur das Symptom. Die SPD selbst ist das Problem. Eine Partei, die strukturell unfähig geworden ist, Politik jenseits ihrer Apparatschiks zu denken, die aus Angst vor dem eigenen Parteitag die Zukunft des Landes verheizt, die ihre Rituale für wichtiger hält als ihre Aufgaben – diese Partei ist am Ende.
Wer goutiert eigentlich diese Starrhalsigkeit noch? Die SPD verliert Wahl um Wahl, Umfrage um Umfrage. Die Menschen sind es offenbar leid, der alten Tante das Heim zu bezahlen und dennoch ihre Launen zu ertragen. Was die Funktionäre im Willy-Brandt-Haus für staatstragende Standhaftigkeit halten, nimmt der Rest des Landes als das wahr, was es ist: politische Altersstarre.
Die CDU wird aufpassen müssen, dass sie nicht den gleichen Weg einschlägt. Die Diskussionsfähigkeit, der innerparteiliche Streit in der Sache, die Motivation so vieler auch junger Mitglieder, Politik zu verändern, muss sie als echten Vorteil für sich begreifen.
Die Junge Gruppe hat gezeigt, wie man regiert. Die SPD hat bewiesen, dass sie es nicht mehr kann. Nun ist die Zusammensetzung des Bundestages so, wie sie ist – die SPD kann nicht einfach in Rente geschickt werden. Aber wenigstens ihre Arbeitsministerin.